Pfarrer Michael Jäger stellt sich vor
Ich darf hier Pfarrer sein!
Gekommen sind meine Familie und ich im August 2017. Also meine Frau Ildze und unsere Kinder Paula und David, die hier auch zur Schule gehen. Meine zwei großen Kinder leben in München.
Zuvor war ich 7 Jahre Pfarrer in Burghausen (Oberbayern). Davor liegen fast 16 Jahre auf der Pfarrstelle Kochel am See (bayrischer Alpenrand). Meine Ausbildung habe ich in Augsburg und Freising genossen und studiert habe ich in Erlangen, Heidelberg und Münster.
Jetzt Also Bozen...
Das ist schon wirklich anders. Eine kleine Gemeinde, weit verstreut von Bruneck über Brixen und Bozen bis nach Trient und Torbole am Gardasee.
Keine Volkskirche, keine Kirchensteuer und doch volles Gemeindeleben mit allem drum und dran. Viele bringen sich ein und achten im guten Sinne aufeinander.
Das ist schon was. Dazu noch eine lebendige Ökumene, Kirchenmusik, die sich hören lassen oder an der man sich aktiv beteiligen kann, engagiert in der Flüchtlingsarbeit und gut vertreten auch in den öffentlichen Medien …
Und der Pfarrer privat? Gerne auf dem Berg oder im Jazzkeller, mit einem Buch in der Hand, im Wohnwagen mit der Familie oder in einer Bar mit Freunden.
Stichwort Bar. Gerne können wir uns dort oder bei Ihnen zu Hause oder im und nach dem Gottesdienst treffen. Es würde mich freuen.
Sie erreichen mich im Pfarramt, Col di Lana 10 in Bozen, unter (+39) 0471-28 12 93, oder einfach jaeger@chiesaluterana.it.
Ich freue mich auf Ihre Nachricht und wünsche jetzt noch viel Lesefreude auf unseren Seiten.
Pfarrersbericht 2022
Pfarrersbericht für die Generalversammlung am 07. Mai 2023
Liebe Gemeindeglieder,
jetzt ist es doch schneller gegangen, als an der letzten Generalversammlung noch gedacht. Einer meiner künftigen Chefs, der österreichische Superintendent Olivier Dantine, hat auf Facebook eine Stelle beworben, die doch sehr vieles beinhaltet, was beruflich wie privat zu mir passt, mir eine schöne Perspektive gibt und eben auch meiner Familie schmeckt.
Die nächste günstige Fügung führt dazu, dass eine sehr qualifizierte und von mir geschätzte Kollegin, noch dazu mit ELKI-Erfahrung und italienischen Sprachkenntnissen von September bis Ende Juni nächsten Jahres mit dem reduzierten Dienstauftrag einer halben Stelle die Vertretung der Pfarrstelle übernimmt, bis im nächsten Frühjahr die Gemeinde sich eine geeignete Nachfolgerin, einen geeigneten Nachfolger auswählen kann. Schon jetzt zeigen sich einige Kollegen sehr interessiert.
Inmitten meiner bald 6 Jahre in Bozen lag Corona, eine Zäsur. Das Krisenprogramm in der von mal mehr und mal weniger strengen Beschränkungen geprägten Zeit funktionierte erstaunlich gut, wie wohl in den meisten Gemeinden. Aber ebenso wie bei diesen kamen die richtigen Durchhänger erst danach. Manchmal war es wie zum Verzweifeln. Es ging wieder alles, man konnte nach Laune wieder Gemeindeleben frei anbieten, doch nun limitierte sich manches durch geringen Zuspruch. In letzter Zeit, so mein Eindruck, schlägt dieses Pendel aber nun wieder in die richtige Richtung aus, was mich sehr erleichtert und mir Freude bereitet.
Als einen der Höhepunkte des letzten Jahres kann man sicherlich die Konfirmation und die Vorbereitung darauf verstehen. Acht Jugendliche, engagierte Teamer, ein Jugendgottesdienst und Predigten der Jugendlichen, die beeindruckten, die Konfifreizeit in Florenz mit netten Begegnungen. Ein festlicher Konfirmationsgottesdienst mit guter Stimmung und Überraschungsgast. Im Sommer noch eine Jugendfreizeit der ELKI in Ligurien mit hohem Bozner und Südtiroler Anteil.
Bei diesem Arbeitsfeld bleibend der Verweis auf die MAB-Ausbildung für unsere Jugendteamer, die
Inhouse-Präventionsschulung zur Sensibilisierung gegenüber sexualisierter Gewalt, die Beteiligung am Umweltnetzwerk der ELKI-Jugend und die von Mathis wieder auf- und angenommenen Jugendabende.
Ein weiterer Glanz, wie immer, die Lange Nacht der Kirchen mit den UniBZVoices unter der Leitung von Johann van der Sandt.
Die Orgelkonzerte zum Bach-Gesamtwerk für Orgel von Leohard Tutzer, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Mein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang der Brustwerk-Kommission, die unter dem Organisationsgeschick von Tina Sunten Fahrt aufgenommen und mit einem soliden, abgesicherten Finanzierungskonzept der Realisierung dieser Vollendung der Orgel einen entscheidenden Schritt näher gekommen ist.
Die Singende Gemeinde ist ein Resilienz-Phänomen und hat sich wieder einmal neu erfunden. Aktuell ohne feste Chorleitung, aber nicht zuletzt dank Caroline von Pflug, Caroline von Hohenbühel und Ildze Jäger angeleitet, versammelt sich doch zwei mal im Monat eine schöne Zahl Sängerinnen und Sänger mit Freude am vielstimmigen Gesang.
Bleiben wir bei den Überlebenskünstlern und kommen zum Erzählcafé. Auch hier haben sich mittlerweile ein Format und drumherum ein fester Stamm entwickelt. Mit Teilnehmerinnen aus Meran ist es jüngst sogar gemeindeverbindend geworden, wie auch die Jugendabende. Hoffen wir, dass sich dafür künftig auch schon in der Konfirmandenarbeit die Weichen entsprechend stellen lassen.
Mit Mathis Jacob haben wir dazu, aber auch sonst, den richtigen Freiwilligen. Er engagiert sich in der Gemeinde wie in der Schutzhütte gleichermaßen kreativ, angenehm und engagiert. Er folgte letzten Sommer Gregor Hüniken. Dazu gab es 2022 mit Hannah Nitz und Nikolai Steinestel noch zwei Praktikanten aus dem Bereich der Pfarrersausbildung, die hier in Bozen für Wochen im Einsatz waren und das Gemeindeleben durch ihren Dienst und ihre Persönlichkeiten erfreulich bereichert haben.
Nochmal zu Meran, dann aber gut. Der Kontakt verbreitert sich erfreulicherweise und hat etwa auch bei gemeinsamen Treffen mit dem Frauenverein, sowie bei der Verabschiedung von Martin Krautwurst und der Einführung von Timm Harder Ausdruck gefunden.
Auf erfreulich stabilem Fundament stehen die beiden Kindergottesdienste und ihre Teams in Bozen wie Brixen. Wir sind eine Gemeinde mit gesunder Altersstruktur, was sich auch an den gut besuchten Kindergottesdiensten an beiden Orten und den Familiengottesdiensten in Bozen zeigt. Hier hat daran vor allem das sehr engagierte und kreative Kigo-Team seinen Anteil, einfach eine Freude. In Brixen engagieren sich ebenfalls die Familien auf beispielhafte Weise, dazu hat uns dort der Wechsel nach Zinggen ins ehemalige Mesnerhaus einen sehr geeigneten Raum gebracht, der gut angenommen wird.
Bleiben wir bei den Gottesdiensten. Diese werden sonntäglich in Bozen, monatlich in Trient, monatlich und an den Festtagen und im Sommer dank der Urlauberseelsorger wöchentlich in Brixen angeboten, und in Bruneck treffen wir uns zwei mal im Jahr. Die Ortsgruppen stellen für unsere Gemeinde wichtige Anlaufstellen vor Ort dar, in ihrer Bedeutung kaum zu überschätzen, sind aber zugleich allesamt an die Gemeinde angebunden und auch in Bozen sichtbar. Kein Neben- oder Gegeneinander, was nicht selbstverständlich ist. Die uns noch vor dem Sommer anvertraut werdende St. Margerithen-Kapelle in Trient wird unserer dortigen Ortsgruppe ein verlässlicher Sammel- und Identitätspunkt werden, dazu noch ein Ort der kulturellen und ökumenischen Begegnung. Don Cristiano Bettega und Erzbischof Lauro Tisi haben damit unserer Gemeinde einen großen Dienst erwiesen und einmal mehr ihrer geschwisterlichen und auch freundschaftlichen Verbundenheit zu uns Ausdruck verliehen.
Das umfängliche Gottesdienstprogramm dieser Gemeinde ist auch und gerade möglich und wird entscheidend bereichert durch den Einsatz unserer Prädikantinnen und Prädikanten. Da ist es im Hinblick auf den Generationenwechsel und ein vorausschauendes Handeln nur zu verständlich und entsprechend erfreulich, dass sich zu den bereits im Dienst befindlichen 4 Prädikanten 2 weitere auf dieses Amt vorbereiten, Caroline von Hohenbühel und Helga Lott. Ruthild Heimanns Verabschiedung steht leider an und markiert einen großen Verlust. Sie hat zudem als Koordinatorin der Brixner Ortsgruppe fungiert, was künftig dankenswerterweise Kathrin Willhelm übernimmt.
Die kleine Schwester der Gottesdienste, die Andacht, hat in Bozen mit den Abendandachten Sieben nach Sieben ein stimmiges Format gefunden. Ein jeweils dazu ausgewähltes Thema, unterschiedliche Musikdarbietungen und das Angebot zum anschließenden Pizza-Essen haben einen Stamm Mitfeiernder gefunden. Bislang von Prädikantinnen und Pfarrer gestaltet, sollen sich gerne auch noch andere Andachten-Teams finden, so vielfältig, wie bislang schon die Musikerinnen und Musiker.
Oder wie die Liste großenteils hauseigener Referentinnen und Referenten beim Forum Christuskirche. Spannende Themen in einer sehr angenehmen Atmosphäre präsentiert und diskutiert, so habe ich dieses Angebot der Erwachsenenbildung auch im letzten Jahr erlebt. Ob nun Ingo Stermann zum assistierten Suizid, Jeanette Hoffmann zu Corona in der Kinderbuchliteratur, Walter Lorenz zu den Lehren aus Corona, oder Stefan Zerbe mit dem Vorträgen und Exkursion zu Landnutzung und Moor- und Torflandschaften in Südtirol. Dazu der ökumenische Vortrag von Maria Stettner und Martin Lintner zur christlichen Friedensethik, sowie jüngst Markus Moling über die Gottesrede im Zeitalter des Anthropozän.
Die Gottesrede, Gott im Bedürftigen begegnen, führt in und mit unserer Gemeinde verbunden auch der Verein Schutzhütte. Beratung und Obdach bieten in Haslach, Blumau und in der ehemaligen Kleiderkammer in der Kirche, dafür zeichnet ein Team um Caroline von Hohenbühel verantwortlich, in dem auch Mathis Jacob mitarbeitet und dem auch im Pfarrhaus Strukturen zur Verfügung gestellt werden. Da greift etwas ineinander, zum Segen für die, die diesen Segen besonders brauchen können. Für sie haben wir und in ökumenischer Verbundenheit auch das „warme Platzl“ aufgemacht, für das sich rasch ein Team und auch Gäste gefunden hat, wenngleich die angebotene Wärme rasch auch außen zu finden war. In diesem Bereich noch zu nennen ist unser Benefiz-Konzert für die Ukraine, die gemeinsame Weihnachtsfeier in Blumau und Natalja und Stas aus der Ukraine als neue Mieter im Pfarrhaus.
Fast wie zuhause fühle ich mich mittlerweile bei der RAI. So viele Jahre schon Auf ein Wort und Nachgedacht haben das Vertrauen zueinander gegenseitig wachsen lassen und der Gemeinde einen breiten Kanal in die Südtiroler Öffentlichkeit frei gehalten.
Auch die Ökumene und der interreligiöse Dialog in den Provinzen Bozen und Trient laufen auf gut eingespielten Bahnen. Besonders spannend gestalten sich die Überlegungen des Gartens der Religionen in Verbindung mit der Krankenhaus-Seelsorge und der Krankenhaus-Direktion Bozen zur Gestaltung eines Raumes der Stille im neuen Trakt des Krankenhauses.
Besondere Orte anderer Art haben wir im Rahmen von Ausflügen, etwa zum Labyrinthsteig, zum Canyon Rio Sass, zur Gampenalm und im Rahmen des Gemeindebesuches in Triest kennenlernen können. Letztere Fahrt für ein Wochenende war besonders intensiv und hat eine große Verbundenheit der Mitreisenden untereinander wie mit der dortigen Gemeinde um Christine Fettig ermöglicht.
Das lässt sich sicher ebenso für den ELKI-Kirchentag letztes Jahres in Rom beschreiben, wie auch für die ELKI-Freizeiten, die 2022 stattfanden, und sicher ebenso für die dieses Jahr geplanten. Zur Familienfreizeit in Ligurien sind etwa 9 Familien angemeldet, davon 6 aus Bozen. Auch zur Gemeindeakademie fährt eine Bozner Gruppe und von uns selbst wir die Fahrt zum Kirchentag nach Nürnberg organisiert. Als Pfarrer war und bin ich zudem weiterhin vielfältig in und für die ELKI aktiv.
Vieles davon hat ja auch Wechselwirkungen. So hat etwa das auf der Gemeindeakademie erprobte Walk and Talk festen Eingang ins Gemeindeleben gefunden. Ein Format, bei dem der zeitlich ausgedehnte Rahmen wie auch das offene und öffnende Umfeld in der Natur neue Begegnungen und Gesprächstiefen ermöglichen
Bleibt noch der Advent übrig. Es gab wieder einen digitalen, nun umso professioneller gestalteten Adventskalender, den offenen Advent in Brixen und dabei wie auch darüber hinaus in Bozen herausragende Adventskonzerte mit Landesjugendchor, Kinderchor, UniBZVoices und dem südafrikanischen Chor Resonans. All das trägt erkennbar die Handschrift von Familie van der Sandt, der wir sehr viel verdanken, auch in der Gestaltung der monatlichen Gottesdienste in Brixen. Krönender Abschluss des Advents, quasi im Übergang zu Weihnachten war schließlich das Krippenspiel in Bozen, das von langer Hand vorbereitet und mit vielen Kindern und Jugendlichen aufgeführt werden konnte. Bald werden die Tage ja wieder kürzer und dann wird vermutlich schon am nächsten Stück gearbeitet werden.
Abschließen möchte ich den Pfarrersbericht mit dem Dank für eine Gemeinde, in der all das möglich war und ist, die so viel Potential und tolle engagierte Leute hat. Der Kirchenvorstand unter der Führung von Kuratorin Caroline von Hohenbühel stellt für all das klug und umsichtig die richtigen Rahmenbedingungen. Es lässt sich nicht leicht von hier gehen, aber beruhigt, wenn man weiß, wie diese Gemeinde aufgestellt ist.
Vielen Dank dafür und jetzt für die Aufmerksamkeit.
Pfarrersbericht 2021
Pfarrersbericht für die Generalversammlung am 13. März 2022
Liebe Gemeindeglieder,
das Beste kommt immer zum Schluss. Bei Gott glaube ich das, für mich hoffe ich es. Dies ist der dritte und eben erst mal letzte Bericht innerhalb von 3 Monaten. Die anderen beiden gingen an die ELKI und die EKD, jetzt also der Pfarrersbericht zum Schluss für die Generalversammlung. Adressiert an Sie und Euch, von denen und für die ich mich vor allem beauftragt sehe.
Da die anderen Texte durch die Visitation Ende letzten Jahres verursacht waren, will ich jetzt gleich bei dieser einsteigen. Sie hat Freude gemacht. Schon im Vorfeld. Und das alles wirft ja auch ein Licht auf unsere Gemeinde. In einem gemeinsamen Brainstorming innerhalb des Kirchenvorstands fand sich rasch ein verlängertes Idealwochenende, die Kunst lag eher in der Auswahl des darin Hineinpackbaren. Spannend war vor allem die Frage, ob sich diese Tage denn auch genau so realisieren lassen und alle Gesprächspartner in- und außerhalb unserer Gemeinde wie ausgedacht Zeit haben würden. Es gab nur Zusagen und die innerhalb kürzester Zeit. Aber selbst dann, kann es ja immer noch anders kommen. Kam es nicht und wir zogen mit der kirchenleitenden Delegation immer nahe an der Ideallinie unsere Kurven durch die Gemeinde. Viele haben mitgemacht, sind gekommen und haben trotz der anlaufenden vierten Welle der Corona-Pandemie für den Heimvorteil gesorgt. Herzlichen Dank dafür. Zum überraschenden und leicht die Sprache verschlagenden Moment kam es dann aber doch am letzten Tag, kurz vor dem wohlverdienten Mittagessen zum Abschluss, als uns Erz-Bischof Lauro Tisi eine eigene Kirche in Trient versprach. Mitten im Zentrum. Direkt gegenüber der Kirche, in der das tridentinische Konzil tagte. Man wird sich den Glanz auf dem Angesicht des Mose nach dem Erhalt der 10 Gebote für das Volk Israel auf dem Berg Sinai sicherlich noch beeindruckender vorstellen können, aber geleuchtet haben uns Augen und Ohren bei dieser Nachricht schon auch.
Allgemein kam auch im zurückliegenden Jahr den Ortsgruppen unserer Gemeinde in Brixen, Trient und Bruneck und ihren Gottesdiensten eine besondere Bedeutung zu. Sie ergänzen wohnortnah die Gottesdienste in der Christuskirche Bozen und sind wie diese Orte vertrauter Begegnung.
Einen solchen galt es entsprechend letzten Sommer prominent zu feiern. Seit 50 Jahren können wir nun schon in der Erhardskirche Brixen zu Gottesdiensten zusammen kommen. Was die Diözese Bozen-Brixen uns damals in großer Weitsicht und Geschwisterlichkeit anvertraut hat, ist von den evangelischen Christinnen und Christen vor Ort in all den Jahren mit viel Liebe gepflegt und mit Leben erfüllt worden. Ein großes, ökumenisch gefeiertes Fest trug dem Rechnung. Ein ausdrucksstarkes Bild der an diesem bisweilen arg schattigen Ort doch üppig wachsenden Glaubensfrüchte. Die nun stabil monatlich angebotenen Kindergottesdienste lassen zuversichtlich in die weitere Zukunft unserer Erhardskirche blicken.
Die dort in Kooperation mit der EKD und unseren Mitarbeitern vor Ort eingerichtete Urlauberseelsorge konnte auch im letzten Jahr wieder nur mit Einschränkungen aber immerhin angeboten werden. Gerade an den christlichen Festtagen und in den Sommermonaten sind mit Unterstützung der Urlauberpfarrer regelmäßige Gottesdienste in Brixen möglich. Für Bruneck hat die Nachfrage trotz intensiver Bemühungen vor Ort so nachgelassen, dass einstweilen darauf verzichtet werden muss. Die EKD organisiert von Deutschland aus diesen Dienst, der aber nur dank der Mitarbeiter vor Ort dann letztendlich möglich wird, bis hin zur Überlassung der eigenen Wohnung.
Ungebrochen ist die Nachfrage allerdings für auswärtige Hochzeiten und Taufen in einer der schönen Kapellen und Kirchen Südtirols, die ich auf diese Weise, neben den Paaren und Familien, nach und nach kennen lernen kann.
All die Gottesdienste an den verschiedenen Orten und ganzjährig feiern zu können, gelingt nicht zuletzt dank des Dienstes der Prädikantinnen und Prädikanten unserer Gemeinde. Umso erfreulicher ist es, dass auch Ruthild Heimann aus Brixen nach dreijähriger Vorbereitung letzten Advent zu diesem Dienst beauftragt werden konnte und sich nun auch Caroline von Hohenbühel und Helga Lott auf selbigen Weg begeben werden.
Familien- und Kindergottesdienste in Bozen und Brixen bereichern das gottesdienstliche Angebot und ermöglichen es gerade Kindern und deren Familien ermutigende Erfahrungen mit der Welt der biblischen Geschichten und unseres evangelischen Gemeindelebens zu machen. Dazu gehört etwa auch der Wander-Ausflug im Sommer zu den Stoarnernen Manderln mit einer doch großen Gruppe. Kirche mit Kindern eröffnet in jeder Hinsicht Zukunft.
Jeder Sonntagsgottesdienst ein kleines musikalisches Fest, wozu neben Familie van der Sandt in Brixen vor allem Leonhard Tutzer in Bozen an der Ghilardi-Orgel ein Garant ist. Jetzt soll letztere um ein Brustwerk erweitert werden, weshalb unser Organist nach einer doch längeren coronabedingten Pause sein ehrgeiziges Projekt der Aufführung des Gesamtwerkes für Orgel von Johann Sebastian Bach mit wunderbaren Konzerten ab Herbst wieder vorantreiben konnte.
Leider ist das gemeinsame Singen der Singenden Gemeinde unter der Leitung von Bea van der Sandt weit anfälliger für die pandemiebedingten Veränderungen und Auflagen, so dass im zurückliegenden Jahr weder Probentermine noch Sängerinnen und Sänger in der gewünschten Beständigkeit bereit standen. Auch aktuell, aber wohl nicht mehr lange - Ostern ist der vom Kirchenvorstand geplante Aufbruch, auch des singenden Gemeindelebens.
Die lange Nacht der Kirchen wackelte zwar auch länger, konnte aber in unserer Gemeinde sehr lebendig und vielseitig begangen werden, was auch dankbar angenommen wurde. Erst das Jugendtheater mit Schauspiel auf der Leinwand und im Kirchhof, dann Nelu van der Sandt an der Flöte, begleitet von seiner Mutter Bea am Klavier, und über Leonhard Tutzer an der Orgel ging es wieder ins Freie zu einem openair-Filmabend im Kirchhof mit dem Film Becoming me und einem intensiven Filmgespräch mit dessen Produzenten Martin Rattini.
Auch Forum Christuskirche konnte sich Ende des Jahres aus seiner Zwangspause lösen und führte uns in einem Vortrag von Stefan Zerbe den Ist-Stand und die Möglichkeiten zur Flächennutzung in Südtirol vor Augen. Auf eine Exkursion mit ihm dazu und auf viele weitere interessante Vorträge mit weiteren Referenten unserer Gemeinde in den kommenden Monaten können wir uns jetzt schon freuen.
Ähnlich verhält es sich mit dem sogenannten Dienstagstreff, in dem gemeinsame Ausflüge den Zusammenhalt fördern und zu interessanten Zielen und Gesprächspartnern führen. Sei es Burg Hoheneppan mit deren Verwalter Philipp von Hohenbühel, sei es auf eine Alm, wo 2 unserer mehrmonatigen Hausgäste Unterkunft und Arbeit fanden.
Einfacher kann man sich bei uns aber im Gemeindehaus treffen, beim bunten Aperitif, immer am zweiten Mittwoch im Monat. Dank Caroline von Hohenbühel finden hier nun schon seit Jahren Menschen zusammen, bereichern sich gegenseitig und das kann ganz konkrete Folgen haben, wie etwa ein Arbeitsplatz auf der Alm.
Die Konfirmanden und ihre Familien haben gut daran getan, die Konfirmation auf Pfingsten diesen Jahres hinaus zu schieben, konnte doch die Gruppe seit Sommer wieder in Präsenz zusammen kommen und hat nicht zuletzt auf der Konfirmandenfreizeit im Haus Hahnebaum im Passeiertal im Herbst auch weiter zusammen gefunden. Eine nette Gruppe von 9 Jugendlichen, begleitet von unseren Jugendteamern und unserem Freiwilligen Gregor. Wie engagiert alle miteinander sind, konnte man etwa bei ihrem Gottesdienst vor einem Monat erleben, der nun eine Fortsetzung im Rahmen der Jugendarbeit finden soll. Da auch vor Jugendlichen Corona keinen allzu großen Bogen gemacht hat, wollen wir uns erst jetzt wieder an solche zusätzlichen Zusammenkünfte heran wagen.
Die Jugendfreizeit der ELKI war einmal mehr in Südtirol, im bereits benannten Haus Hahnebaum im Passeiertal. Wir waren im Leitungsteam wie bei den Teilnehmern als Bozner gut vertreten und gleiches gilt auch für die Jugendfreizeit 2022 in der Nähe von La Spezia am Meer. Ich freue mich schon.
Das diakonische Engagement unserer Gemeinde ist bleibend stark, verdankt sich nicht zuletzt des hohen persönlichen Einsatzes unserer Kuratorin und findet Ausdruck und Stärke in der Zusammenarbeit mit der Schutzhütte. Julia Kuppelwieser hat ihr Büro auch bei uns aufgeschlagen, andere ihr vorübergehendes Zelt in Pfarrhaus und Kirchenvorraum. Wir konnten so vielen Menschen helfen, waren aber auch manchmal überfordert und müssen auch hier immer wieder neu Wege suchen, die sowohl zum Ziel führen, als auch für alle Beteiligten gut begehbar sind. In der Tagesstätte am Domplatz waren wir Evangelische die beiden Monate lang auch gut vertreten. Es hat Freude gemacht, zu sehen, was man für Menschen in Not alles erreichen kann, ehrenamtlich und vernetzt.
Im Herbst kam mit Gregor Hüniken dann auch wieder nach der nun schon oft erwähnten Zwangspause ein Freiwilliger zu uns, übermittelt vom Evangelischen Freiwilligendienst in Hannover. Nun fast für ein ganzes Jahr und in Kooperation mit der Schutzhütte. Eine sozusagen noch erweiterte große Bereicherung für alle Beteiligten. Gregor weiß die Lieder mit seiner Geige zu begleiten, aber auch, wie man Betten zusammenschraubt, ganz gleich ob das eigene oder für Blumau und hat überdies mit hohem persönlichem Einsatz unsere Kontakte zu Florenz vertieft. Wen wundert es, dass dahin nun auch die nächste Konfirmandenfreizeit geht. Wir können im Gemeindehaus unterkommen.
Vor diesem Hintergrund sahen wir uns ermutigt, auch für Herbst diesen Jahres einen neuen Freiwilligen einzuladen, Mathis, und seit Dienstag der angehenden Kollegin Hanna Nitz für ein paar Wochen Erfahrungen in einer evangelischen Gemeinde im Ausland zu ermöglichen.
Neuanfänge und Abschiede gehen damit einher. Sie haben uns auch im Kirchenvorstand betroffen. Annett Weißenburger ist nach vielen engagierten Jahren in unserer Gemeinde mit dem Wechsel des familiären Lebensmittelpunktes nach Weimar zum Sommer aus dem Kirchenvorstand ausgeschieden. Ihr ist Sybille Geyer gefolgt. Vielen Dank beiden.
Das Pfarramt war über 13 Jahre hinweg in den ruhigen und kompetenten Händen von Pfarramtssekretärin Eva Ferrari. Den ihr vom Staat eröffneten Weg in den wohlverdiensten Ruhestand hat sie mit einer gewissen Wehmut aber auch viel Freude beschritten und zuvor noch Kathrin Putzer eingearbeitet, die nun seit November letzten Jahres die zentrale Anlaufstelle für all die Verwaltungsabläufe ist. Mit der Reibungslosigkeit, in der das nun schon funktioniert, hätte man nicht rechnen können.
Und doch hat uns im Herbst/Winter letzten Jahres einiges gefehlt, was uns zur schönen Gewohnheit geworden war, etwa das Adventskranzbinden oder der gemeinsame Adventskaffee. Umso schöner hingegen, wenn etwas Abgesagtes dann doch stattfindet, weil einfach erwartungsfrohe Gesichter plötzlich vor der Tür stehen und ein St. Martins-Umzug auch gut spontan noch organisiert werden kann.
Der Advent, in dem wir Gottes Ankunft erwarten und gleichzeitig erinnern, hat einmal mehr auch viele Wege unter- und zueinander aufgetan. Digital durch den anregenden Kalender von Gabriele Schnapper, singend beim offenen Advent in der Erhardskirche und erstmals durch den lebendigen Adventskalender, an dem nicht zuletzt in Brixen viele Familien teilgenommen haben, auch als Gastgeber. Geschichten und Gespräche im Wohnzimmer wie am Lagerfeuer.
Das Krippenspiel mit schlussendlich 13 mitspielenden Kindern war ein wenig wie die wundersame Brotvermehrung, bei der am Anfang auch ganz wenig da war, am Ende aber 12 Körbe. Die Verbindung von Marias Ja und dem Corona-Jahr spielte schließlich in einer schon früh ausgebuchten Kirche. Die Teamerinnen und Mütter, wie auch die Kinder selbst haben sich unglaublich engagiert und der 4. Corona-Welle mitsamt ihren Unwägbarkeiten mutig getrotzt.
Die Rundfunkwellen waren hier deutlich leichter zu surfen. Ich darf weiterhin regelmäßig Auf ein Wort für Radio Rai Südtirol einsprechen und fürs Fernsehformat Nachgedacht unsere Kirche und unser protestantisches Gedankengut ins Bild bringen. Ebenso in 2 weiteren Fernsehsendungen, von denen eine der beiden, Evangelisch in Südtirol, von Benjamin Zwack vor kurzem erst ausgestrahlt wurde.
Bei den Medien ist unser Gemeindebrief das Flagschiff. Von einem Redaktions-Team - mittlerweile unter der kompetenten Leitung von Kathrin Kötz - inhaltlich gestaltet, von Caroline von Pflug in ein frisch-modernes Gewand gehüllt, von Gudrun Rathjens über 20 Jahre von Fehlern befreit und mit viel Alltagsgeschäft der jeweiligen Sekretärin versehen.
Die Homepage versuche ich aktuell und ansprechend zu halten. Ebenso die Rundmails, die mittlerweile zu einem wöchentlich Rhythmus gefunden haben und auch endlich Zugang in die italienische Sprache, dank der schnellen und verlässlichen Übersetzungsarbeit von Barbara Gödel. Es tut sich einfach viel in der Gemeinde, auch viel zwischendurch, so dass sich diese Art Newsletter für aktuelle Informationen und Erinnerungen gut bewährt.
Die Gemeinde ist auch in Ökumene und interreligiösem Dialog in Bozen und Trient gut präsent. Tisch der Religionen, Garten der Religionen, ökumenische Gottesdienste, Andachten und Bibellesen – es ist hier in all den Jahren viel Aktivität und Vertrauen gewachsen. Exemplarisch herausgehoben werden mag hier der lange Vorbereitungsweg und schließlich die Unterzeichnung eines gemeinsamen Statuts der christlichen Kirchen im Dom zu Trient im vergangenen Herbst.
Über die Gemeinde hinaus bin ich weiterhin in der ELKI Vertrauenspfarrer, habe eine feste Kolumne in der Kirchenzeitschrift Insieme, bin Mitglied der Digitalkommission, veranstalte mit Kollegen die Jugendfreizeiten und plane für Herbst eine Wanderfreizeit und für Sommer 2023 von unserer Gemeinde aus eine Familienfreizeit für die ganze ELKI. Von meiner Kirche bin ich auch in eine diakonische Arbeitsgruppe des Lutherischen Weltbundes entsandt, mit dem Titel „Convivality“.
Convivality wird ins Deutsche übersetzt mit – Achtung! - mit Konvivalität. An dessen Übersetzung wiederum in echtes Deutsch versuche ich mich seit Monaten. Es geht um ein partnerschaftliches Miteinander, um gleichberechtigte Teilhabe für alle. Nicht die Entscheider und Geber auf der einen Seite und die Empfänger auf der anderen. Das reizvollere Spiel der Gegenseitigkeit. Das Modell einer Wippe. Der momentan Stärkere gibt ab, bringt den anderen ins Spiel und wird so selbst gestärkt.
Das alles ist nicht neu. Das erleben wir in unserem Alltag und in unserer Gemeinde immer wieder. Und genau das macht sie zu so einem wunderbaren Ort. Nicht vollkommen, so wenig wie die einzelnen Akteure, aber wunderschön und wertvoll. Und das nun schon seit 124 Jahren ...
Vielen Dank dafür.
Michael Jäger
Pfarrersbericht 2020
Pfarrersbericht für die Generalversammlung am 9. Mai 2021
Der Bericht des Pfarrers für das Jahr 2020 sollte ganz kurz sein können, sollte man meinen. Ich empfinde es nun genau anders herum, was aber jetzt auch nicht wieder als Androhung einer überlangen Rede gedacht sein soll.
Ja, 2020 kein Jahr wie die anderen. Normalität im Gemeindeleben nur Januar mit Februar, nach dem Sommer der Versuch eines Neustarts, der aber auch nicht weit führte. Gerade nicht für die Konfirmandinnen und Konfirmanden. Immerhin Weihnachten ist geworden und das Krippenspiel als Schattenspiel war klasse. Auch die beiden Heilig-Abend-Gottesdienste nacheinander, bitte beibehalten, das hat entkrampft und mancher Familie die Teilnahme erst ermöglicht. Auch von der Digitalisierungswelle, die wir unbedarft gesurft haben, alles prüfen und das Beste behalten. Hybrid denken. Was muss in Präsenz und was kann auch digital stattfinden, was sollte auf beiden Kanälen angeboten werden? Eine schöne Erfahrung auch, dass wir das gemeindlich entleerte Pfarrhaus mit Menschen ohne Obdach füllen und beleben konnten, auch wenn das gerade für diese eine lange Zeit untätigen Wartens und Durchhängens war.
Nun denn, man wird auf das Jahr 2020 nicht zurückblicken können, ohne überall auf die Hinterlassenschaften von Corona zu stoßen.
Wir haben als Gemeinde zusammen gehalten. Das zu erleben, war schön. Viel aufeinander achten, einander anrufen, für einander sorgen. Wie auch sonst und wie es recht ist und uns gut zu Gesicht steht, kam die Seelsorge innerhalb der Gemeinde nur zu kleinen Teilen vom Pfarrer. Ich habe aber gerne mitgemacht. Über all die Kanäle, die eben noch zur Verfügung standen. Viel Telefon und digitale Formen, aber zum Glück auch dazu kleine präsentische Highlights wie Balkongespräche und Walk and Talk.
Die Rundmails und mancher Gemeindebrief - auf das Sommerheft hatten wir 2020 verzichtet – waren nun nicht veranstaltungsschwer, sondern im besten Falle gedankenvoll. Das hat auch mal nicht geschadet.
Der Kirchenvorstand, der turnusgemäß zur Hälfte zur Wieder- bzw. Neuwahl stand, hat in dieser wie jener Besetzung durch sein arbeitsteiliges, stärken-orientiertes und vor allem vertrauensvolles Zusammenspiel eine wohltuende Ruhe und Stärke in der Steuerung des Gemeindelebens auch in Krisenzeiten gezeigt und das wahlbedingte Neuzusammenfinden erstaunlich gut bewältigt.
Soweit die große Übersicht, nun zu Einzelnem noch etwas genauer.
Gottesdienste
Sie feiert man am besten miteinander. Es geht aber auch anders. Und es ging schnell, dass wir das gelernt und in den Schnipselgottesdiensten zueinander gefunden haben und viele dabei beteiligt sein konnten. Hat der Gottesdienst von Haus aus eine innere Dramaturgie, war dieser nun neu Gestalt zu geben. Ich habe gelernt, vor einem kleinen Stativ mit aufgestecktem Handy geistliches Leben erfahrbar zu machen und regie-artig in Szene zu setzen. Irgendwann durften wir wieder in unseren Kirchen zusammen kommen und behielten es doch bei, an die zu denken, die sich nicht auf den Weg machen konnten, aus Vorsicht, oder anderen Gründen. Facebooks livestream kam und kommt immer noch hier zum Einsatz. Auch churchevents hat uns geholfen, in schwierigen Zeiten etwas Übersicht zu behalten und Corona-Auflagen einzuhalten. Nichts hält länger als ein Provisorium. Dennoch hoffe ich, dass die Qualität der Übertragung der Gottesdienste mittels Gebrauchshandy und angeklebter Halterung noch etwas angehoben werden kann. Doch viele Zuschauer würden es danken.
Digitalisierung
Digital haben wir auch so schon aufgerüstet, aber mehr inhaltlich als mit der Technik. Die Homepage ist auf eine neue Plattform gekommen und ich darin eingewiesen worden, so dass ich sie in Struktur und Inhalten einrichten konnte und aktuell halten kann. Ein Segen, diese Seite zu haben, in der sich Gemeindeleben und Gedankenwelten abbilden, ordnen und auffindbar machen lassen.
Die Rundmails gab es vorher schon, aber nicht in der Häufigkeit und Bedeutung, die sie jetzt haben. Woche für Woche der Stand der Dinge. Wir mussten lange Zeit auf Sicht fahren und dazu erwies sich der Gemeindebrief mit seinen 3 Monaten Laufzeit und einem weiteren Monat zuvor für den Redaktionsschluss für Ankündigungen zum Gemeindeleben als zu behäbiger Ozeanriese.
Balkongedanken vom Pfarrhausbalkon und anderen herausragenden Orten, Pastor Valentinos youtube-Auftritt, all das ist schon berichtet worden.
Diakonie, Migranten, Pfarrhaus
Wie schon erwähnt, sind kurz vor dem Corona-Einschluss letztes Frühjahr Migranten noch nach Bozen gekommen, die mit rasch geschlossener Quästur und Notunterkünften selten verloren in der neuen Heimat waren. Da der Kirchenvorraum und schließlich auch das Pfarrhaus ihres sonstigen Lebens beraubt waren, konnte eine nun erweiterte Gastfreundschaft gewährt werden, die durchweg erfreulich war, 2020 wie gesagt.
Aber auch eine „Deitsche“ konnte im Pfarrhaus aufgenommen werden, wieder einmal, als Wiederholungstäterin. Hannemarie Schimmelpfennig, auch Hannemarie oder Oma genannt, die rasch wieder die „Insere“ wurde.
Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen
Andere „Deitsche“ kamen jedoch nicht und das obwohl sie zum Teil schon Jahre zuvor ihre Feierlichkeiten angekündigt hatten. Keine Hochzeiten und Taufen aus Deutschland, was auf der Seite der Haupt-Betroffenen große Enttäuschungen auslöste, sich aber auch in unserer Gemeinde negativ niederschlug, in Gestalt eines deutlich gesunkenen Spendenaufkommens.
Die Zahl der Beerdigungen sah sich hingegen leider in die andere Richtung stimuliert. Nicht zuletzt von unserem Ehrenkirchenvorstand und langjährigem Kurator Giachino Fränkel Häberle mussten wir vorerst in kleinem Rahmen Abschied nehmen.
Konfirmanden und Jugend
Die Konfirmandengruppe hat einen erfreulichen Start in Präsenz genommen, 2 Treffen, auch in großer Runde mit katholischen Jugendlichen, bevor wir uns heimlich still und leise wieder verabschiedeten. Erst in den virtuellen Raum und von da in die gemeinsame Entscheidung 2021 nach dem Sommer wieder in Präsenz sich begegnen zu wollen.
Ansonsten machte die Jugend Theater, oder auch nicht, oder wusste nicht, wann wieder, so dass den Theaterleuten Miriam und Nadja und ihren Jugendlichen viel abverlangt wurde. Das eine Theaterjahr wurde abgeschnitten, das neue Spieljahr konnte nur holprig starten, umso wichtiger ist das dabei Geleistete für die Jugendlichen, denen das Theater Gelegenheit bot, auf ihre Situation aufmerksam zu werden und zu machen.
Auch die Evangelische Jugend Salzburg Tirol ist in den Strudel der Pandemie und ihrer Unwägbarkeiten geraten, hat aber immerhin mit Sarah Wilke eine neue Jugendreferentin gefunden und sowieso auch in die digitale Ersatzwelt.
Im Hinblick auf unsere schöne Tradition mit Praktikantinnen und Praktikanten hatten wir nur Anfang des Jahres noch unsere Freude an Anna Wollesen. Umso mehr erwarten wir im Herbst Gregor Hüniken aus Bremen.
Angebote für Kinder
Wenn es möglich war, lief unser doch sehr vielschichtiges Programm von Kinder- und Familiengottesdiensten, Kindernachmittagen, Krabbelgruppe und Mini-Gottesdiensten in gewohnter Weise fort, neu hinzu kam jedoch auch das Kindergottesdienstangebot in Brixen.
Kirchenmusik
Es hätte so schön werden können. Mit Bea van der Sandt als Leiterin eines Projektchores, zu dem sich die Singende Gemeinde einmal mehr neu erfand. Doch nicht zuletzt den Chören und der Kirchenmusik wurde viel Geduld im Coronajahr 2020 abverlangt.
Leonhard Tutzers Anläufe, das gesamte Bachorgelwerk zugunsten eines Brustwerks für unsere Ghilardi-Orgel zur Aufführung zu bringen, wurden vertagt und vertagt. Auch andere schon organisierte Konzerte in unserer Kirche kamen über die Vorfreude nicht hinaus.
Ortsgruppen
Neben den Unterbrechungen, ist hier nur zu erwähnen, dass wir in Trient einen neuen alten und vor allem für uns sehr stimmigen Raum in der Via Barbacovi im Zentrum der Stadt gefunden haben. In Brixen hat sich die Ortsgruppe vor allem und erfreulich vergrößert, nicht zuletzt mit Familien mit Kindern und Jugendlichen. So kamen wir immer wieder an die für die Erhardkirche erlaubte Obergrenze, bzw. ansatzweise auch darüber.
Weniger lässt sich das aber für die Urlauberseelsorge vor Ort sagen, die mit Ausfällen auf Pfarrerseite und einer stark italienischen Urlauberschaft doch ihrer Grundlagen leicht entzogen war.
Medien
Medial waren wir stark unterwegs. Die Rai-Andachten für Rundfunk und Fernsehen gingen gewohnt weiter. Hinzu kamen Filmprojekte für den Garten der Religionen, mit der Dokumentarfilmschule Zelik und die beiden Filme für die Rai und das Land über die „Deitschen“ und über die „Evangelischen“ .
Arbeit im Kirchenvorstand
Hier gab es im letzten Jahr eine große Zäsur. Langjährige geschätzte Verantwortungsträger wie Fritz Menke und Ulrike Becker mussten verabschiedet werden, Christiane Mühlhäusler und Friedhelm Wemhöner kamen als verheißungsvolle Newcomer ins Team, Aufgaben bekamen neue Schultern. Aus der Schatzmeisterin wurde die Kuratorin Caroline von Hohenbühel, ihre frühere Aufgabe übernahm Friedhelm Wemhöner, zu ihrer Stellvertreterin wurde Kathrin Kötz gewählt. Barbara Gödel ist die kompetente Ansprechpartnerin im Trentino für nahezu alle Belange innerhalb und außerhalb der Gemeinde. Wie gesagt, es läuft sehr rund.
ELKI
ELKI-Pfarrer übernehmen auch über ihre Ortsgemeinde hinaus Dienste und Verantwortung. So hatte ich mit dem damaligen Mailänder Kollegen auch die ELKI-Jugendfreizeit 2020 wieder in Bozen vorbereitet und dann doch Corona opfern müssen. Für die ELKI-Zeitung Insieme sitze ich weiterhin im Redaktionsteam und bin mit der Kolumne „der Pfarrer antwortet“ jeweils gefragt. Zudem bin ich Mitglied der Digitalkommission und von der Pfarrerschaft zum Vertrauenspfarrer gewählt worden, was mich sogleich in den Konfliktfall in einer ELKI-Gemeinde hineingezogen hat.
Sonstiges
Was jetzt nicht mehr eigens dargelegt, aber der Vollständigkeit halber stichwortartig erwähnt werden soll, das sind die Angebote in der Ökumene, Erwachsenenbildung, der Besuchsdienst und der bunte Aperitif, die sich in gewohnter Weise nur in den ersten beiden Monaten des letzten Jahres entfalten konnten.
Nach der Fahrt am 18.2. 2020 mit dem Dienstagstreff nach Verona zu einer Giacometti und Chagall-Ausstellung bekam ich eine merkwürdige Grippe, keine Ahnung was genau, und gestern habe ich mich zum ersten Mal gegen Corona impfen lassen. So schließt sich der Kreis.
Aber auch als Kreisel würde sich unsere Gemeinde gut beschreiben lassen. In Bewegung, bunt, leicht verspielt und voller Energie.
Michael Jäger
Pfarrersbericht 2019
Pfarrersbericht für die Generalversammlung am 20. Sept. 2020
Dieser Pfarrersbericht umfasst nun fast 1,5 Jahre und die waren weit weniger gut durchgehangen als vielmehr durchwachsen.
Wir mussten uns in dieser Zeit von manchem verabschieden. Zunächst ganz planmäßig von einer Praktikantin, Sophie Hölzl, deren Zeit einfach auslief. Ihre Nachfolgerin kam letzten Herbst, Anna und mit klingendem Familiennamen Wollesen. Als auch sie uns ans Herz gewachsen war, endete ihre Zeit, ein Praxissemester lang. Ein inspirierendes Praktikum in Italien wird zur Zeit offenbar nicht mehr so unbekümmert ins Auge gefasst. Wir wissen aktuell nicht, wann unser schönes neues Praktikantenzimmer nun endlich auch von einer Praktikantin bezogen werden wird.
Unsere Gottesdienste liefen bis Anfang März im gewohnten Rhythmus und selbstverständlich in Präsenz, wie denn sonst? Nun, dazu später mehr. Gottesdienste in Bozen und an den Filial-Orten Brixen, Bruneck, Trient, unterstützt vom Dienst der Urlauberseelsorger und unserer Prädikanten. Besonders hervorheben will ich dabei die sich in den Endzügen ihrer Ausbildung befindende Praktikantenanwärterin Ruthild Heimann, die auch zu einem Ausbildungswochenende aller sechs ELKI-Prädikantenanwärter bei uns geführt hat.
Auch bei den Angeboten für Kinder gab es – abgesehen von der bekannten Ausnahmezeit – große Kontinuität. Also: Kindergottesdienste, Mini-Gottesdienste, Krabbeltreff, Familiengottesdienste, Kindernachmittage und Krippenspiel. Wir versuchen sogar ein wenig zu expandieren. Nach Brixen. Dort ist es verschiedentlich zu Kindersegen gekommen und mit den schon vorhandenen und neu zugezogenen Familien bemühen wir uns nun um ein regelmäßiges Kindergottesdienstangebot auch dort vor Ort.
Ein schönes Fest war die Konfirmation unserer zehn Jugendlichen im Mai, nachdem sie zuvor eine weitere Konfirmandenfreizeit in Bozen und Venedig verbracht und in der Auslegung ihrer Konfirmationssprüche Zeugnis ihrer Gedanken und religiösen Sprachfähigkeit gegeben haben. Erst letzten Sonntag haben sich dann acht neue Konfirmanden als Gruppe zusammen gefunden und in einer kniffligen Rallye in und um Kirche, Pfarrhaus und Stadtteil spannende Einblicke in unsere Gemeinde genommen. Ihnen stehen auf ihrem Weg zur Konfirmation viele Jugendmitarbeiter zur Seite, manche sehr erfahren, andere starten neu in dieser Rolle. Ihnen kann man nur dankbar sein. Natürlich auch den Jugendmentoren, Miriam Weiss und Pierluca Lancilotta. Sie sind zu dieser Aufgabe nicht zuletzt durch Kathrin Kötzs Fäden spinnendes, zeitintensives Engagement, meist im Hintergrund, für das Erasmus+ - Projekt MAM Mitarbeiter Mentoring gekommen.
MAB und MAM sind die zentralen Stichworte einer qualitativ gut abgesicherten Jugendarbeit im Zusammenspiel vor allem mit der Evangelischen Jugend Salzburg/Tirol. Ein Doppelpass, für den wir auch entsprechend von den Ländern Tirol und Südtirol ausgezeichnet wurden und der uns auch in einen mörderischen Sponsorenlauf bei schweißtreibenden Temperaturen getrieben hat. Schön wars. Auch im Bezug auf das eigene Land und die eigene Kirche haben wir Beziehungen auf der ELKI-Jugendfreizeit in Bozen vertieft, zum Teil sogar so, dass beim Abschied ordentlich die Tränen flossen.
Kein Theater. Das überließen wir lieber unserer Jugendtheater-Gruppe unter der Leitung von Miriam Dreher und Nadja Tröster. Mit mondays for more future im Herbst gestartet und mit dem Rundum-Sorglos-Ticket der ELKI um die Welt gereist, gab es im Februar einen sehenswerten ersten Reisebericht, bevor plötzlich unser aller Erkundungsdrang verboten wurde. Wieder aus der coronabedingten Stagnation heraus führt jedoch am 5.10. der Neustart mit conACTION, mit Kindern und Jugendlichen, die der Welt etwas zu sagen und Spaß an Sprachen, Kulturen und der Arbeit in Gruppen haben. Die internationale und interreligiöse Zielgruppe macht jedoch den Wechsel des Probenortes vom Gemeindehaus ins neutrale Haus Altmann erforderlich.
Bleiben wir im übergemeindlichen Spielfeld. Die Ökumene lebt. Monatlich im Wechsel feiern wir einmal eine gemeinsame Andacht, dann lesen wir in der Bibel. Dazu kommen die Gebetswoche zur Einheit der Christen, der Tag der Schöpfung und das Friedensgebet zum Jahresbeginn. Wir sind in der Allianz für den freien Sonntag, im Garten der Religionen und in einer Trentiner Arbeitsgruppe der Vertreter der christlichen Konfessionen. Ein Abend zur Gastfreundschaft in den Religionen im Teatro Cristallo am 9.11. in Bozen, der ökumenische Gottesdienst auf einer Brücke in Trient zum Filmfestival Religion Today und die jüngst in der Christuskirche erfolgte Einführung von Don Gioele zum neuen Ökumenebeauftragten der Diözese sind dabei besonders hervorzuhebende Veranstaltungen.
Musikalischer Art gab es davon ebenfalls einige, vor dem Lockdown und jetzt ab Herbst wieder. Wir hatten Konzertreihen, sei es an der Gitarre oder an unserer Orgel, hatten Gastmusiker, -chöre, unser famoses Duo Burger-Klewitz, kirchenmusikalische Gottesdienste und vor allem unseren Hausorganisten Leonhard Tutzer, der uns in der Kirche viele schöne musikalische Momente bereitet hat, nicht zuletzt, als das Singen uns zu gefährlich wurde. Die glückliche Zusammenarbeit mit den UnivoicesBZ unter der Leitung von Johann van der Sandt hat und hätte uns wieder besondere musikalische Klangerlebnisse in der Langen Nacht der Kirchen ermöglicht. Auf weiteres darf man gespannt sein. Hoffentlich findet sich auch für die entfallenen Konzerte des Südtiroler Landesjugendchores ein neuer Termin.
Neu in Form ist schon mal die Singende Gemeinde gekommen. Nun als Projektchor unter der Leitung von Bea van der Sandt. Es hat gebraucht und der Lernweg dorthin war nicht allzu beglückend, bis dieses Format gefunden wurde, das Chormusik unter den herausfordernden Umständen einer kleinen, weit verstreuten Gemeinde mit sehr mobilen Mitgliedern ermöglichen soll.
Mobilität ist dann auch das passende Stichwort für unsere Gemeindereisen und Ausflüge mit Schlittenfahrten und Klammerkundungen. Die Gemeindefahrt nach Genua war ausgesprochen schön und bereichernd, zum für den März geplanten Gegenbesuch der Genueser Gemeinde konnte es dann aber schon nicht mehr kommen. Diesmal war es Corona, letztes Jahr war es der vorgezogene Pfarrstellenwechsel der Florentiner Pfarrer, der es uns verwehrte, uns nun umgekehrt als würdige Gastgeber zu erweisen. Dafür waren wir dann wieder in der Toskana, im sehr ansprechenden Gästehaus der Waldenser Casa Cares, zur Gemeindeakademie der ELKI. In einer vertrauensvollen und intensiven Weise konnten anhand der Vorträge Ingo Stermanns und eines entsprechenden Rahmenprogramms das Glauben im Alter besprochen und bedacht werden.
Für ein Wochenende konnten wir dann doch auch selbst die Melantonini aus Rom als Gäste in Bozen begrüßen, leider aber nicht die Frauen des Frauennetzwerkes, deren für Ende März geplantes Treffen in Bozen nicht zuletzt von Frau Lier bereits gut organisiert war. Der Schneeausflug zum Lavaze-Joch war noch rechtzeitig im Februar und der Ausflug in die Rastenbachklamm mit Skulpturen des Friedensweges ja noch letzten Sommer.
In der Erwachsenenbildung wurden die bewährten Formate, Forum Christuskirche und Dienstagstreff, fortgeführt, so lange das eben ging. Das Forum befasste sich ebenso mit vermeintlich gefährlichen Themen wie Großraubtieren und Migranten, wie auch mit eher persönlichen, etwa Jenseitsvorstellungen, Kindererziehung oder das Leben der Lutherischen in Südtirol. Herzlicher Dank allen Referentinnen und Referenten. Im Dienstagstreff haben wir uns monatlich getroffen, um etwa in St. Pauls ausladende Krippenlandschaften zu betrachten oder in Verona die dünnen Skulpturen Giacomettis. Besonders freue ich mich, dass wir einen Besuchsdienst gründen konnten, bei dem die bislang sechs Teilnehmer mit Schulung und Erfahrungsaustausch einer unglaublich wichtigen Aufgabe nachkommen.
Auch Erwachsenenbildung, aber eben in verdichteter und sehr persönlicher Form waren und sind die zwei Grundkurse über den christlichen Glauben, die in Taufen mündeten bzw. noch münden werden, wenn der Täufling, der zwischenzeitlich auch noch das Kühe melken gelernt hat, wieder von der Alm herab gestiegen sein wird. Ein nächster Kurs wird sich aufgrund anderer Interessenlagen und Voraussetzungen mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der verschiedenen christlichen Konfessionen befassen. Was macht evangelisch anders als katholisch und warum.
In der tätigen Nächstenliebe gibt es hierbei die wenigsten Unterschiede, vielmehr viel Zusammenarbeit verschiedener Organisationen und den bleibend hohen Einsatz unserer Gemeinde und der Schutzhütte zum Schutz besonders bedrohter Menschen (vulnerabili). Auch wenn das Gebäude in der Carducci-Straße aufgegeben werden musste und neue Orte gesucht werden, konnte im Zeilerhof wie weiterhin in bewährter Weise in Kirche und Pfarrhaus immer ein Platz zum Schlafen gefunden werden, was nicht zuletzt Caroline von Hohenbühels unermüdlichem Einsatz zu verdanken ist.
Apropos Pfarrhaus. Belebt ist das irgendwie immer. Als der Lockdown geschlossene Türen und den Verbleib in den Hausgemeinschaften erforderlich machte, hat sich hier relativ schnell eine neue Hausgemeinschaft gegründet, samt Quarantäne in Kirche und gemeinsamem Brotbacken in der Pfarrhausküche. Gemeinsame Sprachen wurden gefunden und die neuen hier erforderlichen Dank des Einsatzes von Ingrid Kramer, Inge Wilander und anderer vertieft bzw. neu begonnen. Selbstverständlich wurden auch Dienste in Haus und Garten übernommen. Talente konnten genutzt werden und selbst mit einer Handykamera und ohne Mischpult kann ein erfahrener Kameramann einen ansehnlichen live stream unserer nun wieder präsenten Gottesdienste erstellen.
Ach ja, die Hausgemeinschaft. Die ist auch ohne unsere Gäste eine äußerst bunte Community, die dann und wann zu einem Geburtstagsständchen im Flur, zu einem Cafe-Nachmittag im Garten oder auch zu einer nächtlichen Haustelefon-Konferenz zusammen findet, wenn sich Schlafplatzsuchende an die evangelische Kirche erinnern und um Mitternacht sicherheitshalber gleich alle Klingeln drücken. Einen Auszug gab es, Frau Rosmarie Natale. Sie hat lange mit ihrem Temperament die Hausgemeinschaft belebt, auch auf Trapp gehalten und bei ihrem Umzug nach Nürnberg, der ihr schwer viel, sicherheitshalber den silbernen VW noch hier gelassen. Hannemarie Schimmelpfennig wusste ebenfalls von dem Heimweh nach der Col di Lana 10 ein Lied zu singen und hat schließlich mit der großen Unterstützung von Teilen ihrer Familie die Rückkehr realisiert. Erst galt es für die Ihren Farb- und Rauch-Rückstände aus der Wohnung zu entfernen, dann für Hannemarie, sich hier wieder neu einzurichten, was ihr nicht schwer fiel. Ich wüsste jetzt gar nicht aus dem Stand heraus zu sagen, in welcher Küche – unten oder oben – sie sich häufiger aufhält.
Von der Binnenschau aus Pfarrhaus und Gemeinde nun zu einer größeren Öffentlichkeit. In den Rai-Andachten "Auf ein Wort" und "Nachgedacht" kann ich weiterhin die evangelische Stimme erheben und auch in der ELKI mich einbringen: 1 1/4 Jugendfreizeiten, eine volle und eine voll vorbereitete, in Bozen, die Gemeindeakademie, als Redaktionsmitglied von Insieme mit der Pfarrerskolumne und in der Digitalkommission.
Da wusste ich aber noch nicht, wie digital wir werden würden. Denn so abrupt ausgebremst, wie unser aller Leben ab März diesen Jahres nun wurde, so rasch galt es, neue Formen des Gemeinschaftslebens, der Verkündigung und der Seelsorge zu finden. Der Bedarf war da, mehr da denn je, es konnten nur nicht die gewohnten Transport-Mittel benutzt werden. So wurde die Homepage nicht zuletzt mit Hilfe von Nils Reddig neu gestaltet, Schnipselgottesdienste hochgeladen, Zoom-Konferenzen initiiert, Rundmails in höherer Frequenz verschickt, Pastor Valentino ging online und ich selbst auf den Balkon. Zwischenzeitlich ist unser sonntäglicher Gottesdienst hybrid und was noch alles kommt, werden wir sehen.
Sicher ist, und damit schließe ich, dass dem Team der Gemeindeleitung in all dem größte Bedeutung zukommt. Der Kirchenvorstand stellt nicht nur Stühle, sondern gibt auch die große Linie vor und stellt sich für diese in den Dienst. Ulrike Becker hat als Kuratorin in den zurückliegenden zwölf Jahren in persona mit Sachverstand, Einfühlungsvermögen und Durchsetzungsstärke, also alles, was gute Führung ausmacht, dafür gestanden. Das einzige, was ihr zuletzt fehlte, war Zeit. Aus diesen Gründen endet dann auch heute ihre Amtszeit, für die man nur von Herzen dankbar sein kann. Fritz Mencke hat die zwei dutzend Jahre im Kirchenvorstand fast voll gemacht, hatte von Sankt Michael aber auch nicht so weit nach Bozen, noch dazu mit Roller. Seine Stimme ließ aufhören, nicht nur wegen ihrer Schönheit, oder beim Verlesen des Protokolls, sondern auch und vor allem des Hausverstandes wegen, der hier in Südtirol aus guten Gründen sehr hoch gehalten wird. Andere bleiben und neue kommen nachher hinzu, für die hoffentlich dann andere Pfarrer in späteren Zeiten noch ihre dankenden Worte finden können.
Gemeinsam tragen wir Verantwortung für eine Gemeinde, die nicht nur dank ihres Selbstbewusstseins, sondern auch ihrer Gebäude und vor allem ihrer Mitglieder und Sympathisanten wegen eine besonders liebenswerte und einzigartige protestantische Oase im heiligen Land Südtirol und in der ganzen Provinz Trentino ist. Vielen Dank dafür.
Michael Jäger